Ein Stimmklang ist pfeifend, wenn Luft durch eine Öffnung gepresst wird. Auch menschliche Lippen können das ohne Instrument und kunstvolles Pfeifen in hohen Tönen praktiziert die Künstlerin Molly Lewis aus Los Angeles so entrückt, dass es ihr den Titel "menschliches Theremin" einbrachte. Der US-Amerikaner Sean Lomax gehört neben Lewis ebenfalls zur Prominenz im Kunstpfeifen, oft pfeift man melodisch oder im Pucker Style. Pfeifen ist mehr als Musik in den Ohren, denn es berührt die Grenzen zur Poesie und Sprache. Klang gewordene Kunstsprache kann der Verständigung dienen, durchaus mit anderen Lebewesen: Die türkische Vogelsprache Kuş Dili etwa ist eine komplexe gepfiffene Sprache für Mitteilungen über weite Entfernungen, Schafhirten in einigen Regionen Griechenlands und Bulgarien haben Sfyria praktiziert und auf der Insel La Gomera wird bis heute Silbo Gomero als Sprache gepflegt. Andere ethnische Gruppen benutzen neben der eigenen Stimme Instrumente wie Einton-Pfeifen, die z.B. von Pygmäen in Zentralafrika aus Papayabaumzweigen gefertigt werden, um mit dem Wald und seinen Wesen in Verbindung zu treten. Fiktionale Figuren entlehnen dabei aus dieser Kulturpraxis: Das im Wald lebende, scheue Elektro-Pokémon Pikachu beherrscht alle erdenklichen Koloraturen zwischen Knistern, Fiepen und Pfeifen, wie es sonst nur Fantasiewesen vergönnt ist.
Ist Pfeifen extraordinär? Offenbar ist es gar nicht mal so ungewöhnlich, wie der 46. Hörsalon über Sean Lamox, Pikachu und Kuş Dili beweisen wird. Eine Einladung der Studierenden Laura Jordan-Bertinelli über "wɪs.əl" und "How, where, why and when to blow the whistle baby".
Musik & Text @IMM / Institut Für Musik Und Medien Düsseldorf / Georg-Glock-Str. 15, Seminarraum a_1.28