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25. 03. 2024

Hören!

Jens Dreesen hat seit dem Herbst die Professur im Bereich Musikproduktion Pop/Jazz am IMM inne. Wer ist das? Und was machen die da eigentlich?

Jens Dreesen hat seit dem Herbst die Professur im Bereich Musikproduktion Pop/Jazz am Institut für Musik und Medien inne. Wer ist das? Und was machen die da eigentlich?

Die Robert Schumann Hochschule war im Grunde schon immer, sprich: bereits mit ihrer Gründung als eigenständiger Player im Konzert der Deutschen Musikhochschulen berühmt für ihre Toningenieure. Denn so etwas wie am landeshauptstädtischen Hochschulstandort, wo neben der rein musikalisch-künstlerischen Ausbildung exzellente Möglichkeiten für das Erlernen wissenschaftlich-technisch-praktischer Kompetenzen an Uni und Fachhochschule gegeben sind, ist selten in Deutschland.

Die Kooperation mit der Fachhochschule, die heute Hochschule Düsseldorf HSD heißt, besteht nach wie vor intensiv; das Institut für Musik und Medien (IMM) vernetzt sich ganz selbstverständlich in vielen Bereichen mit den Technik-Wissenschaftlern von der Münsterstraße. Es ist also kein Wunder, dass Jens Dreesen, der seit dem Wintersemester die Professur im Bereich „Musikproduktion Pop/Jazz“ innehat, von seinem Studiengang als einem „international renommierten“ spricht. Absolventen des IMM arbeiten nicht nur bei nationalen und internationalen Musikproduktionen als „klassische“ Toningenieure, sondern sind auch als Sound-Designer etwa in der PKW-Industrie tätig, führen Regie bei audio-visuellen Produktionen, sind verantwortlich für die Beschallung bei Live-Konzerten oder die Übertragung im Fernsehen oder beim Rundfunk. Und so fort.

Eigengewächs mit hervorragenden Referenzen 

Dreesen muss es wissen, schließlich ist er ein RSH-Eigengewächs und wirkte bei zahlreichen Produktionen vor allem als Mastering Engineer mit. Seine Referenzen reichen von Andreas Bourani, Udo Lindenberg, Boy, Sleep Token bis Ghostkid, etliche von ihm begleitete Produktionen - etwa das Album „Hey“ von Andreas Bourani, das Debut-Album des Kölner Duos Mrs. Greenbird oder „Irgendwas gegen die Stille“ von Wincent Weiss - stürmten die Pop-Charts.

Aktuell hat der 44-jährige Familienmensch aus Jülich deutlich weniger Zeit für sein eigenes Studio. Nach dem Ruf an die RSH steht für den gelernten Drummer (2005 Bachelor-Abschluss in Arnheim) und 2011 diplomierten Ton- und Bildingenieur (in der Klasse von Prof. Werner Roth, dessen Lehrstuhl er nach einem zweijährigen Interim gewissermaßen beerbt) seine neue Profession an erster Stelle. „Für mich steht eine gute Lehre jetzt im Vordergrund“, sagt er bei unserem Besuch in „seinem Reich“ im 2. OG des IMM an der Georg-Glock-Straße 9. Hinter den grauen Türen, die von hellen Gängen abgehen, tun sich nicht nur eher sachliche Büroräume auf wie der seinige, in dem ein Schreibtisch vom Computer beherrscht wird und gerade mal ein Tisch und Sessel einen Besucher beherbergen kann. Es gibt da etwa auch einen großen, lichten Aufnahmesaal mit mobilen Wänden und rollcontainerweise Aufnahmetechnik hinterm Vorhang. Hier ist reichlich Platz für etwa eine Big Band oder zur Vorlesung versammelte Studierende. Unterm Parkett mit baumstammdicken Kabelsträngen verbunden schließen sich ein analoges und ein digitales Tonstudio an, die zwei technischen Herzen des Popularmusikbereichs des Studiengangs mit ihren monströsen Pulten: das analoge Solid State Logic SL4000G+ mit 34 Kanälen, in den 80ern das Nonplusultra der Technik, inzwischen immer mehr Anschauungsobjekt für die langsam verschwindende analoge Technik; und die ebenso riesige Atmos-Regie, die die digitale Technik verkörpert.

Ist die digitale Technik besser? 

„Ich beschwöre wahrscheinlich eine Grundsatzdiskussion herauf, wenn ich behaupte: Heute hat die digitale Technik die gleiche Qualität wie die analoge, mindestens“, sagt Dreesen später in seinem Büro. Außerdem sprächen deutlich geringere Kosten für eine digital audio workstation (DAW), sowie und die leichte Verfügbarkeit noch so spezieller technischer „Plug-ins“, die die analoge Technik immer exakter nachbilden können und gleichzeitig ganz neue Möglichkeiten offenbaren.

Natürlich seien Kennen und Beherrschen der Technik (auch der analogen) nach wie vor wesentlicher Teil der Musikproduktion-Studiengänge am IMM, betont der frischgebackene Professor. Schließlich geht die Musikproduktion im Pop-Bereich von der ersten Idee eines Songs übers Arrangement, das Recording und Abmischen bis zum Mastering, bei dem das Produkt den letzten technischen Schliff erhält, einher mit exzessiver Nutzung technischer Mittel. In den beiden Bachelor-Studiengängen Ton- und Bildtechnik sowie Musik und Medien, werden hierzu in den ersten beiden Semestern Grundlagen vermittelt und im Verlauf des Studiums in vornehmlich praxisorientierten Seminaren weiter ausgebaut. Im Masterstudiengang künstlerische Musikproduktion soll die Fähigkeit zu künstlerisch-selbständigem und methodisch reflektiertem professionellen Arbeiten weiter vertieft und perfektioniert werden.

Artefakte erkennen 

Die meisten Studierenden bringen – gelenkt durch die präzisen Anforderungen in der Aufnahmeprüfung - schon eine Menge Vorwissen mit. Worauf Dreesen – und mit diesem Konzept hat er wohl auch die Berufungskommission überzeugt – vor allem achtet, ist sein Augenmerk auf das Erwerben von Hörkompetenzen. „Ich lege größten Wert darauf, dass meine Studierenden sowohl musikalisch wie technisch hören lernen.“ Bedeutet: Wie Instrumente und Stimmen idealerweise klingen sollen, wie die akustische Umgebung sowohl bei der Aufnahme, wie auch bei der Wiedergabe des Aufgenommenen den Klang beeinflussen. Aber natürlich auch welche technischen Hilfsmittel zur Unterstützung auf dem Weg zur Erreichung der klanglichen Vision zur Verfügung stehen und bei der Umsetzung helfen können. Zum technischen Hören zählt er die Fähigkeit, Tools angemessen zu nutzen, technische Verfremdungen und Fehler, „Artefakte“, zu erkennen und zu vermeiden oder, wenn künstlerisch sinnvoll, gewollt einzusetzen. „Das musikalische und technische Vokabular erweitern“, nennt das der Mann in Jeans und Sweatshirt, der problemlos als „cool“ durchgeht. Er habe in den vergangen 15 Jahre seiner Professionalität nie eine(n) Musiker*in gesiezt, deshalb ist auch in seinem Fachbereich das „Du“ selbstverständlich.

Nach den ersten Monaten seiner Professur ist Dreesen sichtlich angetan von der Zusammenarbeit mit den jungen Studierenden, die mit ihrer musikalischen Sozialisation gerade in der Welt der neuen Medien ganz andere Vorstellungen und Ansprüche von und an Musik und ihre Produktion in den Hochschulbetrieb einbringen als noch zu Dreesens Studienzeiten. Sie finden in Dreesen einen Lehrer, der nicht nur als Instrumentalist nach wie vor in Bands und im Studio Partner namhafter Künstler, sondern auch „an den Knöpfen“ weiter gefragt ist. Er finde, so sagt er, in Düsseldorf einen gut aufgestellten Fachbereich vor, den er vor allem durch seine Lehre prägen möchte: „Hören!“ Das ist das Wesentliche.

Armin Kaumanns



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